Die JUVINALE-Gewinner*innen 2019

Am Samstag dem 06. Juli wurden sie gekürt, die JUVINALE 2019 Gewinner*innen. Wir stellen sie euch vor, inklusive ihrer Einreichungen und der Jury-Begründungen.

Kategorie Music Clips

Jan Köllges mit „Are You Scared Yet“

Synopsis / Beschreibung

Ein Musikvideo zum Thema Informationsethik und Ästhetik von Jan Köllges

Jury-Begründung

Are you scared yet?“ besticht nicht nur durch hohe Bildqualität, sondern auch durch die starken inhaltlichen Akzente zum Thema Informationsethik in unserer Zeit. Es bettet einen zeit- und informationskritischen Ansatz in filmtechnisch sehr anspruchsvolle Bildkompositionen ein. Die Bildsprache vereint traditionelle und moderne Ästhetik auf raffinierte Art und Weise. Die Inszenierung klassischer Kunst, geschmückt mit zeitgenössischen Details in einem filmischen Rahmen war für die Jury sehr spannend und auch schnittechnisch sowie dramaturgisch überzeugend aufgelöst.

Kategorie Fiction

Magdalena Chmielewska und Yanina Eresina mit „Am Himmel“

Synopsis

Nach einem gewalttätigen Überfall erwacht Maya mitten in der Nacht alleine AM HIMMEL, auf einer Wiese am Rande der Stadt. Sie kann sich nicht erinnern, was genau passiert ist. Sie läuft barfuss zurück in die Stadt. Am nächsten Tag erzählt sie ihrer Wohnungskollegin Christine nichts von dem Vorfall sondern überredet sie zu einem spontanen Urlaub in Süditalien, wo Mayas neuer Freund Daniel eine Strandbar betreibt. Mayas mißbrauchter Körper fällt nicht zusammen, sondern motiviert alle seinen vitalen Kräfte um sich neu zu erfinden. AM HIMMEL zeichnet einen Schwebezustand – zwischen Trauma und Traum, Erinnerung und Verdrängung, Wahrheit und Lüge, Nähe und Distanz, Kontrolle und sich treiben lassen – in dem Maya durch die Welt wie eine entkoppelte Insel sehnsüchtig, intuitiv und sinnlich treibt.

Jury-Begründung

In nur wenigen Szenen gelingt ein unglaublich respektvoll und einfühlsam gezeichnetes Porträt einer jungen Frau, die sich nach einer Vergewaltigung nicht mit sich selbst konfrontiert sehen möchte.
 Magdalena Chmielewska verhandelt in ihrer Geschichte neben zwischenmenschlichen Beziehungen, ebenso die Rolle einer Frau, welche sich weigert ein Opfer zu sein, keinerlei Selbstreflexion zulässt, und kurzerhand einen selbst eingeleiteten Ermächtigungsprozess startet.

Am Himmel konnte die Jury durch seine präzise gezeichneten Figuren, das herausragende Spiel, sowie seiner bildgewaltigen Inszenierung einstimmig überzeugen und lässt gespannt darauf warten, was in Zukunft noch von Magdalena Chmielewska kommt.

Kategorie Dokumentarfilm

Zita Erffa mit „The Best Thing You Can Do With Your Life“

Synopsis

Als mein jüngerer Bruder nach der Schule in den Orden der Legionäre Christi eintritt, verschwindet er aus unserem Leben. Nur einmal im Jahr dürfen wir ihn besuchen.
Seine Vorgesetzten dürfen sogar unsere Briefe an ihn lesen. Ich hasse sie. Als Kinder fuhren wir mit dem Orden aufs Sommercamp. Diese Woche war die tollste Zeit des Jahres. Aber die Legionäre fanden wir merkwürdig, fast sektenartig. Warum hat mein Bruder ausgerechnet sie zu seiner neuen Familie gemacht? Acht Jahre vergehen, ehe ich in sein Kloster in Connecticut reise. Und plötzlich bin ich da, umgeben von achtzig Männern in merkwürdiger Kleidung. Ich schaue mir ihr Leben an – wie sie beten, es- sen, beten, unterrichtet werden, beten. Und ich finde meinen Bruder wieder – endlich.

Jurybegründung

Zita Erffa besucht ihren Bruder mit der Kamera im Kloster- der ist acht Jahre zuvor in den erzkonservativen Orden „Legionäre Christi“ eingetreten. Nur einmal im Jahr darf die Familie László besuchen. Ihre persönlichen Briefe werden von seinen Vorgesetzten gelesen. Vor der Kamera begegnen sich die beiden erstmals zu einem offenen Gespräch. 93 Minuten lang erforscht Zita Erffa den Klosteralltag und versucht, die Entscheidung ihres Bruders nachzuvollziehen. Für die Jury vermittelt der Film gut das Ohnmachtsgefühl der Schwester, die Angst, ihren Bruder verloren zu haben und das Unverständnis über seine Entscheidung.  Ihre Zerissenheit wird auch durch den Wechsel zwischen den Sprachen (Spanisch/Deutsch) wiedergespiegelt. Gleichzeitig erlebt der Zuseher, wie sich der Bruder in den Gesprächen letztlich doch entzieht. Zita Erffa beobachtet das Klosterleben anhand der einfachen Dinge des Alltags: etwa einer Klingel, die den Alltag der Mitglieder strukturiert. Die Filmemacherin nähert sich dem, für sie mit Verlust behafteten Ort auch durch den Wechsel zwischen den Medien: Sie verwendet Fotos, Schwarz-weiß-Aufnahmen, Super8-Material  ebenso wie google maps und Handyaufnahmen. Der Eindruck entsteht, dass sie ihre eigene Überforderung zu etwas Schöpferischem transformiert. Der sehr persönliche Film fesselt von Anfang bis Ende, ist dramaturgisch, formal, inhaltlich und sprachlich sehr stark. Ein berührender Debütfilm über persönliche Lebensentscheidungen.

Kategorie Animation

Alexander Gratzer mit „Apfelmus“

Synopsis / Beschreibung

APFELMUS bietet neben Einblicken in das vibrierende Leben am Land vor allem Antwort auf eine Frage. Diese könnte brisanter nicht sein: Wie bereitet man idealerweise Apfelmus zu?

Jurybegründung

Zwei als Vögel verkleidete Simulanten im Sinnieren über die Freiheit, und ein Apfel, der vom Baum (der Erkenntnis?) fällt, weil einer der Vögel trotz Hunger lustlos an ihm herumschnippt. Der Apfel wird demnach zum roten Faden für die noch folgenden Gesprächs-Situationen: scheinbar Banales wird charmant philosophisch umspielt und mit humanistischem Witz erfüllt. Die Sehnsucht nach dem, “etwas Besonderes zu sein”, Situationsironie und existentialistische Fragen vereinen sich zu einer mit Leichtigkeit erzählten Kurzgeschichte, die den Betrachter schmunzelnd zurücklässt.

Die Techniken des Trickfilms werden in diesem Film geschickt aufs Essentielle reduziert eingesetzt und erwecken diesen Comic mit Komik zum Leben. Und ein Kochrezept gibt’s oben drauf als Zugabe.

Die Jury honoriert darüber hinaus, dass mit dieser Arbeit ein professionelles und stimmiges 7-minütiges Animations-Projekt mehr oder weniger im Alleingang produziert wurde.

Kategorie Publikumspreis

Laurin Gausch und Gitti Wirnharter mit „Oh Brother“

Synopsis

Der 20-jährige Leon reist alleine mit einem Schatz aus der Kindheit quer durch Kanada um den gemeinsamen Kindheitstraum von ihm und seinem besten Freund zu verwirklichen.

Jurybegründung

Diese wunderbar durchdacht und gekonnt erzählte Geschichte über Freundschaft und eine Reise nach Kanada, hat uns nicht nur unheimlich berührt, sondern ebenso mit der Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit, die dieser Film an den Tag legt, beeindruckt.
Trotz einer Länge von knapp 40 Minuten schafft es das Regie-Duo Gitti Wirnharter und Laurin Gausch in Oh, Brother – nicht zuletzt durch seine unglaublich engagierten Schauspieler – für den Zuseher stets sowohl spannend, als auch unterhaltsam zu bleiben.

Veröffentlicht in Infos